Die so genannte Benzinklausel beschreibt einen Ausschlusstatbestand in der Privathaftpflichtversicherung. Danach ist in der Privathaftpflichtversicherung
„nicht versichert (…) die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.“
Die Benzinklausel soll vor allem Überschneidungen der Deckungsbereiche von Kraftfahrzeughaftpflicht- einerseits und Privathaftpflichtversicherung andererseits vermeiden.
Etwas verkürzt: Immer dann, wenn der Schaden durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht wurde, dann ist der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer zuständig, der Privathaftpflichtversicherer „ist raus“.
So kurz, so einfach. Aber wie so oft, steckt der Teufel im Detail:
- Handelt es sich um den „Gebrauch“ eines Fahrzeugs, wenn dieses mit demontierten Rädern zu Reparaturzwecken auf einer Hebebühne steht und es beim probeweisen Anlassen des Motors zu einer Verpuffung und einem umfangreichen Scheunenbrand kommt?
- Liegt ein Fall der Schadenentstehung „durch Gebrauch“ vor, wenn durch Kfz-Reparaturarbeiten mit einem Schweißgerät ein Brand entsteht?
- Wer ist in der Deckung? KH oder PH?
Schweißgeräte-Fall
Das OLG Hamm hatte sich mit Urteil vom 02.10.2015 (20 U 139/14, r+s 2016, 32) mit dem zuletzt genannten Beispielsfall zu befassen und die Schadenentstehung durch Schweißarbeiten nicht dem typischen Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs zugeordnet, sondern vielmehr demjenigen des Schweißgeräts. Zwar hätten die Schweißarbeiten den Zweck gehabt, das Fahrzeug für seinen Gebrauch instand zu setzen, dies aber sei halt noch kein Gebrauch, so dass der Schaden nicht dem typischen Kraftfahrzeugrisiko, sondern eher dem Privatrisiko zuzuordnen sei. Das OLG Hamm sieht somit im „Schweißgeräte-Fall“ die Privathaftpflichtversicherung in der grundsätzlichen Deckungsverpflichtung. Im Rahmen seiner Begründung orientiert sich das OLG eng an den vom BGH ermittelten Grundsätzen: Danach ist für den Anwendungsbereich der Benzinklausel aus der Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers entscheidend, dass sich ein (typisches) Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat.
Heizlüfter-Fall
Dies hatte der BGH im so genannten „Heizlüfter-Fall“ (Urteil vom 13.12.2006 – IV ZR 120/05, r+s 2007, 102) festgehalten (dort hatte der VN – ernsthaft – versucht, die vereisten Scheiben eines Autos mit einem Heizlüfter (!) vom Eis zu befreien und hierdurch das Fahrzeug komplett in Brand gesetzt….). Auch in diesem Fall hatte der BGH zwar die Verwirklichung eines Gebrauchsrisikos bejaht, aber nicht desjenigen des Autos, sondern des Heizlüfters. Maßgeblich soll sein, wo der Schwerpunkt der Schadenverursachung liegt: Beim Schweißgerät/Heizlüfter oder beim Kraftfahrzeug?
Kontrollfrage
Ein probate Kontrollfrage könnte lauten, ob Schweißgerät und Heizlüfter den Schaden in gleicher Weise auch an anderen Sachen hätten herbeiführen können, oder ob der Schaden typischerweise nur unter Beteiligung eines Kfz denkbar ist.
Hebebühnen-Fall
In dem anderen Beispielfall, in dem ein Fahrzeug demontiert auf der Hebebühne stand (dieser Sachverhalt ist derzeit in einem laufenden Verfahren vor dem OLG Düsseldorf anhängig), gehen wir übrigens davon aus, dass hier ein Fall des Fahrzeuggebrauchs (und damit zugleich auch ein nach der Kfz-Haftpflichtversicherung versicherter Betrieb) vorliegt: Zwar sind die Reifen demontiert und das Auto alles andere als fahrbereit, aber hier geht die schadenursächliche Verpuffung eben – anders als beim Schweißgerät und dem Heizlüfter – unmittelbar vom Fahrzeug selbst aus, und zwar beim Versuch, dieses über den Anlasser zu starten. Die Schadenentstehung steht daher in diesem Fall mit einem bestimmten und für eine Kraftfahrzeug typischen Betriebsvorgang in einem engen Zusammenhang, in diesem Fall also „Gebrauch (+)“ (und zugleich auch „Betrieb“ im Sinne von § 7 StVG).
Achtung: Kein Ausschluss bei bloßem „Besitz“
Übrigens: Nur weil ein Fall des Gebrauchs vorliegt, heißt dies nicht per se, dass die Benzinklausel einschlägig und der Versicherungsschutz ausgeschlossen ist! Hinzukommen muss, dass der Schadenverursacher zugleich Eigentümer, Halter oder Fahrer des Fahrzeugs ist (der bloße Besitz reicht nach hM nicht aus). Wenn mithin – wie im „Hebebühnen-Fall“ – die Reparatur durch einen Bekannten (im Rahmen seiner Freizeit als „Hobbyschrauber“) vorgenommen wird, der weder Eigentümer, noch Halter des Fahrzeugs ist, dann liegt zwar ein Schaden „durch Gebrauch“ vor, gleichwohl besteht dann aber Deckung in der Privathaftpflicht. Dies kann dazu führen, dass der Halter und der „Hobbyschrauber“ als Gesamtschuldner haften (und sich dann Privat- und Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer den Schaden teilen dürfen).