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Krankenversicherung

Keine Mindestleistungspflicht der PKV auf GKV-Niveau

Mit Beschluss vom 05.07.2017 (IV ZR 116/15) hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung, dass Versicherte einer privaten Krankenversicherung nicht erwarten könnten, in gleicher Weise wie gesetzlich Krankenversicherte versichert zu sein, bestätigt.

I. Fußhebersystem kein orthopädischer Stützapparat

Streitgegenständlich war die Frage, ob der Versicherer zur Kostenerstattung für ein sog. Fußhebersystem verpflichtet ist. Es handelt sich dabei um ein Elektrostimulationsgerät, welches über eine Manschette elektrische Signale an den Peronealnerv sendet und durch die dadurch hervorgerufenen Muskelkontraktionen die Steuerung des Fußes (nämlich dessen Anhebung) ermöglicht.

Versicherungsvertraglich zugesagt war bei Vorliegen einer medizinischen Notwendigkeit die Kostenerstattung für bestimmte Hilfsmittel, unter anderem auch für „Orthopädische Stützapparate“. Der Versicherungsnehmer war der Auffassung, das ihm verordnete Fußhebersystem sei unter diesen Begriff zu subsumieren.

Vorinstanzlich wurden die zwischen den Parteien vereinbarten Versicherungsbedingungen dahingehend ausgelegt, dass

  • es sich um einen abschließenden Hilfsmittelkatalog handelt und
  • dass das Elektrostimulationsgerät kein bedingungsgemäßer orthopädischer Stützapparat ist.

Dies war – wie der BGH in seinem Beschluss feststellt – nicht zu beanstanden. Ausgehend vom Wortlaut der Bedingung sei bei Auslegung nach den Grundsätzen eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers davon auszugehen, dass für einen Stützapparat die Stützfunktion bezeichnendes Element darstelle:

„Ein Stützapparat ist nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens ein mechanisches Gerät, das infolge seiner eigenen Stabilität in der Lage ist, Gewichte oder Kräfte aufzunehmen, um so Körperteile oder Gliedmaßen, die damit überfordert sind, zu unterstützen, zu entlasten und/oder zu ersetzen (vgl. dazu auch OLG Köln r+s 2016, 248 Rn. 27). Ein Gerät, das lediglich elektrische Impulse aussendet, um Muskeln anzuregen, übernimmt deren Stützfunktion nicht. Insoweit zielt der Revisionsangriff auf eine analoge Erweiterung der Hilfsmittelliste, die sich angesichts der oben beschriebenen Regelungstechnik eines abgeschlossenen Hilfsmittelkatalogs verbietet.“

Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf wurde diesbezüglich allerdings weder durch das Berufungsgericht noch durch das Revisionsgericht angenommen.

II. Regelungen des SGB kein gesetzliches Leitbild für die PKV

Anlass für die Zulassung der Revision war allein die Rechtsfrage, ob – wie das OLG Stuttgart mit Urteil vom 28.04.2014 (7 U 224/13) angenommen hatte – der Versicherer seit Einführung des Basistarifes in der privaten Krankenversicherung nicht mehr hinter den Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung zurückstehen dürfe; diese hätte die Kosten für das Fußhebersystem erstattet.

Das OLG Köln hat im vorliegenden Fall die Revision zugelassen, weil es der abweichenden Auffassung war, das Gebot eines an die Gesetzliche Krankenversicherung angelehnten (Mindest-)Leistungsumfangs gelte nur für den – hier nicht vereinbarten – Basistarif.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung bestand bereits keine Divergenz in der obergerichtlichen Rechtsprechung mehr, da das Urteil des OLG Stuttgart zwischenzeitlich aus anderen Gründen aufgehoben worden war. Der Versicherungssenat des BGH weist mit vorliegendem Beschluss dennoch darauf hin, dass er die Auffassung des OLG Stuttgart nicht teilt. Der Senat habe bereits wiederholt entschieden, dass die bestehenden strukturellen Unterschiede zwischen GKV und PKV unterschiedliche Leistungsumfänge rechtfertigten. Den Regelungen des Sozialgesetzbuches zum Erstattungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherer könne – „jedenfalls für Krankheitskostenversicherungen, die – wie hier – nicht im Basistarif abgeschlossen sind“ – kein gesetzliches Leitbild im Sinne eines auch von den Privaten Krankenversicherern zu garantierenden Mindestschutzes entnommen werden. Dies folge im Übrigen auch aus den unterschiedlichen Obergrenzen für die zulässige Selbstbeteiligung zwischen Basistarif und anderen Tarifen.

 

Kerstin Jeske

Kerstin Jeske ist Fachanwältin für Versicherungsrecht und Partner der Boutique für Versicherungs- und Haftpflichtrecht Steinbeck und Partner.