Der BGH hatte sich in seiner Entscheidung vom 02.06.2016 – VII ZR 107/15 – mit der Frage zu befassen, ob ein Juwelier verpflichtet ist, zur Reparatur oder zum Ankauf entgegengenommenen Kundenschmuck gegen das Risiko des Verlustes durch Diebstahl oder Raub zu versichern, und – falls kein Versicherungsschutz besteht – hierüber den Kunden aufzuklären.
Worum ging es?
Im entschiedenen Fall kam es wie es kommen musste. Der beklagte Juwelier wurde überfallen und der ihm von dem klagenden Kunden zur Reparatur überlassene Schmuck entwendet. Der Juwelier war gegen dieses Risiko nicht versichert und hatte seinen Kunden hierüber auch bei Annahme des Auftrags nicht aufgeklärt. Der Kläger machte Wertersatz für den abhandengekommenen Schmuck geltend.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH stellt in seiner Entscheidung klar, dass ein Juwelier grundsätzlich nicht dazu verpflichtet ist, zur Reparatur oder Abgabe eines Ankaufsangebots entgegengenommenen Kundenschmuck gegen das Risiko des Verlustes durch Diebstahl oder Raub zu versichern. Ausnahmsweise bestehe eine solche Pflicht jedoch dann, wenn es sich um Kundenschmuck von außergewöhnlich hohem Wert handele oder der Kunde infolge Branchenüblichkeit des Versicherungsschutzes eine Aufklärung erwarten dürfe. Hinsichtlich Letzterem fehlten Feststellungen des Berufungsgerichts, so dass der BGH die Sache zurückverwies.
Kontext der Entscheidung
Der BGH stellt die Frage nach einer Branchenüblichkeit von Versicherungsschutz in den Mittelpunkt der Frage, ob eine entsprechende Aufklärungspflicht besteht. Branchenüblichkeit liegt vor, wenn sich innerhalb einer Gruppe von Unternehmen, die ähnliche Leistungen auf dem Markt anbieten, eine Gepflogenheit oder ein Brauch innerhalb einer bestimmten Tätigkeit entwickelt hat, der nicht nur vorübergehend besteht, sondern eine gewisse Kontinuität erkennen lässt. Die Branchenüblichkeit könne, so der BGH, eine berechtigte Erwartung des Kunden begründen, dass ein solcher Versicherungsschutz besteht. Die Grenze ist jedoch dann erreicht, wenn eine solche Aufklärung dem jeweiligen Unternehmer schlechterdings unzumutbar ist, wenn beispielsweise durch den zeitlichen Aufwand eine wirtschaftliche Beeinträchtigung zu befürchten ist. Dies ist jedoch eine Frage des Einzelfalls, welche sich nach der Art des Geschäfts richtet. Bei Massengeschäften wird man eine Aufklärungspflicht tendenziell verneinen müssen. Im konkreten Fall befürchtete der BGH eine wirtschaftliche Beeinträchtigung nicht.
Bedeutung der Entscheidung für Vermittler
Vermittler, welche Gewerbekunden betreuen, werden künftig ein stärkeres Augenmerk auf die Branchenüblichkeit legen müssen. Dies gilt insbesondere für solche Vermittler, welche sich auf eine bestimmte Branche spezialisert haben und daher die Branchenüblichkeit kennen müssen. Wird dem Kunden ein entsprechender Hinweis nicht gegeben, so könnte dies zu einem Regress des Kunden im Schadensfall führen.