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Kraftfahrtversicherung

BGH zur Berücksichtigungsfähigkeit eines Mietwagenangebotes des Versicherers

Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 26.04.2016 – Az. VI ZR 563/15 – zu der Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen der Geschädigte gehalten ist, ein Mietwagenangebot des Versicherers anzunehmen.

Was war passiert?

Im Nachgang zu einem von dem VN der Beklagten verursachten Verkehrsunfall kam es zu einem Telefonat zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der beklagten Versicherung. In diesem Telefonat wies der Mitarbeiter der Beklagten darauf hin, dass, sofern der Kläger einen Mietwagen benötige, ihm ein solcher durch die Beklagte vermittelt werden könne. Der Preis läge bei 38 EUR inklusive aller Nebenkosten. Der Kläger ging auf dieses Angebot nicht ein. Vielemehr mietete er noch am selben Tag bei einem Autovermieter ein Fahrzeug zu einem deutlich höheren Preis an. Die beklagte Versicherung verweigerte teilweise die Übernahme der Mietwagenkosten und legte ihrer Regulierung den dem Kläger genannten Tagessatz von 38 EUR zu Grunde.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH verweigerte mit den Vorinstanzen dem Kläger den geltend gemachten Anspruch. Zur Begründung führte der BGH aus:

„Die Frage, ob der vom Geschädigten ge­wählte Tarif er­for­der­lich war im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, kann aus­nahms­weise of­fen blei­ben, wenn fest­steht, dass dem Geschädigten ein güns­ti­ge­rer Tarif in der kon­kre­ten Situation „ohne wei­te­res“ zu­gäng­lich ge­we­sen wäre, so dass ihm eine kos­ten­güns­ti­gere Anmietung un­ter dem Blickwinkel der ihm ge­mäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ob­lie­gen­den Schadensminderungspflicht zu­ge­mu­tet wer­den konnte. So liegt der Fall hier. (…) Es (Anm. das Amtsgericht) hat sich da­bei viel­mehr auf die als glaub­haft an­ge­se­hene Aussage des Zeugen P. ge­stützt, wo­nach die­ser re­gel­mä­ßig – sollte vom Geschädigten ein Mietwagen ge­wünscht wer­den – des­sen Telefonnummer no­tiere und an das Mietwagenunternehmen wei­ter­gebe, wel­ches sich dann bei dem Geschädigten melde und Zeitpunkt und Art der Fahrzeugzustellung ver­ein­bare. Da die ge­nauen Übergabemodalitäten (sinn­vol­ler­weise) da­bei un­mit­tel­bar zwi­schen dem von der Beklagten ver­mit­tel­ten Mietwagenunternehmen und dem Kläger ver­ein­bart wer­den kön­nen, musste dem Kläger – ent­ge­gen der Ansicht der Revision – nicht be­reits sei­tens des Haftpflichtversicherers mit­ge­teilt wer­den, wo sich das Fahrzeug be­fin­det und ab wann es kon­kret zur Verfügung ge­stellt wird.

Aus den Ausführungen des Amtsgerichts er­gibt sich wei­ter, dass sich des­sen Überzeugungsbildung auch dar­auf grün­det, dass der Zeuge im Einzelnen dar­ge­legt habe, wie pro­blem­los eine sol­che Anmietung üb­li­cher­weise statt­finde. Er habe aus­ge­sagt, er könne aus Erfahrung sa­gen, dass ein sol­ches Fahrzeug zur Verfügung ge­stellt werde. In sei­ner lang­jäh­ri­gen Bearbeitungszeit sei es nie­mals vor­ge­kom­men, dass ein Fahrzeug nicht zum ent­spre­chen­den Zeitpunkt zur Verfügung ge­stan­den habe. Bei dem Fahrzeug des Klägers habe es sich auch kei­nes­wegs um ein „Exotenfahrzeug“ ge­han­delt, für das ein gro­ßes Mietwagenunternehmen kein ent­spre­chen­des oder gleich­wer­ti­ges Fahrzeug an­bie­ten könne. Darüber hin­aus werde in Fällen, in de­nen ein klas­sen­glei­ches Fahrzeug nicht vor­han­den sei, not­falls ohne Aufpreis ein hö­her­wer­ti­ges zur Verfügung ge­stellt.“

Bedeutung für die Praxis

Der Streit um die Mietwagenkosten ist mittlerweile zu einem echten „Evergreen“ der Schadenregulierung geworden. Die Entscheidung des BGH ist nicht überraschend, als dass der BGH bereits in der Vergangenheit, allerdings zu Restwertangeboten, entschieden hat (Urteil vom 01.06.2010 – Az. VI ZR 316/09), dass Angebote der Versicherer, soweit dem Geschädigten zumutbar, beachtlich sein können. Die nunmehr vorliegende Entscheidung stärkt die Position der Versicherer im Rahmen des „aktiven Schadenmanagements“. Zu bedenken ist jedoch, dass dem entschiedenen Fall ein Telefonat zwischen Versicherer und Geschädigtem voranging. Der regelmäßige Hinweis der Versicherer auf die Möglichkeit einer Mietwagenvermittlung in den Erstschreiben an die Geschädigten dürfte allerdings nicht hinreichend konkret sein, so dass eine Pflicht des Geschädigten zur Berücksichtigung nicht besteht. Ungeachtet dessen wird der Versicherer den Zugang der Schreiben im Streitfalle nicht beweisen können.

Hauke Flamming LL.M.

Hauke Flamming ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht und Partner der Boutique für Versicherungs- und Haftpflichtrecht Steinbeck und Partner.