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Kraftfahrtversicherung

Abschleppkosten bei offensichtlichem Totalschaden ohne Restwert

Der VN hat gegenüber seiner Vollkaskoversicherung keinen Aufwendungsersatzanspruch aus § 83 VVG hinsichtlich der Kosten einer Abschleppmaßnahme, wenn das versicherte Fahrzeug weitgehend zerstört ist und erkennbar über keinen relevanten Restwert mehr verfügt. Dies hat das OLG Karlsruhe mit Urteil vom 17.12.2015  (12 U 101/15) entschieden. Das versicherte Fahrzeug war ausgebrannt und auf Veranlassung der Polizei abgeschleppt worden. Der Vollkaskoversicherer verweigerte die Übernahme dieser Abschleppkosten unter Hinweis darauf, dass das Abschleppen nicht der Erhalt eines Restwerts gedient habe. Ein solcher sei zweifelsfrei nicht mehr vorhanden gewesen.

Erstattungsfähig sind regelmäßig nur solche Aufwendungen, die der VN für geboten halten durfte. Maßstab für die Beurteilung sind die „Erfolgsaussichten“ der vom VN ergriffenen Maßnahmen. Auch darf die jeweilige Maßnahme in ihrem Aufwand nicht außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen. Fehlreaktionen und Fehleinschätzungen des VN sind dabei bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit unschädlich (OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.05.2015 – Az. 12 U 146/14).

Diese Grenze hat der VN hier überschritten. Zwar kann ein VN Abschleppkosten auch bei einem offensichtlichen Totalschaden regelmäßig zur Sicherung des Restwerts für erforderlich halten; dies gilt aber nicht, wenn es bei einem völlig zerstörten oder ausgebrannten Fahrzeug auch einem Laien hätte einleuchten müssen, dass das Fahrzeugwrack keinerlei Wert mehr verkörpert.

Als Fazit wird man festhalten können, dass im Rahmen des § 83 VV ein Anspruch gegen den Vollkaskoversicherer lediglich dann in Betracht kommt, wenn das zerstörte Fahrzeug noch einen Restwert aufweist. Das Risiko eines „deutlichen Fehlgriffs“ bei dieser Einschätzung trägt der VN.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass, was auch das OLG Karlsruhe erkannt hat, im Einzelfall ein Anspruch gegen den eigenen KH-Versicherer in Betracht kommt. Denn dient die Abschleppmaßnahme der Beseitigung der eingetretenen Eigentumsbeeinträchtigung des Straßeneigentümers und dazu mögliche Unfälle mit dem – wie hier – ausgebrannten Fahrzeug zu vermeiden, so dürften die Abschleppkosten von der KH-Versicherung gedeckt sein.

Hauke Flamming LL.M.

Hauke Flamming ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht und Partner der Boutique für Versicherungs- und Haftpflichtrecht Steinbeck und Partner.